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Minderjährige unbegleitete Flüchtlinge - Bebauung Gustav-Adolf-Strasse

Bericht des Donaukurier vom 14.10.15

"Da kann man den Glauben verlieren"

Ingolstadt (DK) Das neue Schulzentrum in der Ochsenschlacht ist nicht nur auf Jahre hinaus eines der größten Bauprojekte der Stadt. Durch die Flüchtlingskrise  bekommen die Planungen im Umfeld noch zusätzliche Brisanz, wie sich gestern im Stadtentwicklungsausschuss zeigte.

Die Bewohner des Viertels sind bereits bei einer Bürgerversammlung darüber informiert worden, was die Stadt hier vorhat: Auf einem 18 Meter breiten und 300 Meter langen Geländestreifen östlich der Gustav-Adolf-Straße soll die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Unterkünfte für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge errichten. Eile ist geboten, weil die jungen Leute bisher – problemlos, wie alle versichern – auf dem Schulgelände untergebracht sind und mit dem Neubau des Apian-Gymnasiums nicht begonnen werden kann.

„Das muss ganz schnell gehen!“, appellierte Oberbürgermeister Christian Lösel an den Ausschuss, die Eilaktion der Stadtverwaltung zu unterstützen. Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle versicherte zwar, dass „nichts im Hauruckverfahren gemacht“ werden soll und ein „normales Verfahren“ vorgesehen sei. Im gleichen Atemzug stellte sie aber dar, welche Klimmzüge notwendig sind. „Wir haben den Bebauungsplan über Nacht erarbeitet.“ Nach den Worten der Referentin soll das  Baurechtsverfahren bereits im Frühjahr 2016 abgeschlossen sein. Parallel dazu arbeitet die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft an den Detailplänen der Unterkunft für etwa 120 junge Flüchtlinge.

Warum nur für 15 Jahre? SPD-Sprecher Manfred Schuhmann ist überzeugt, dass die Wohnungen noch länger gebraucht werden, deshalb sollte die Stadt „nicht auf einen Billigbau hinarbeiten“, sondern dort „gleich was Vernünftiges“ hinstellen. „Was spricht gegen ein drittes Geschoss“ Diese Frage von Robert Bechstädt war schnell beantwortet. Die Abstandsflächen lassen dies hier nicht zu.

Wiederholt beschwor der OB die Stadträte, angesichts der dramatischen Situation den Kurs der Stadtregierung zu unterstützen. „Wir sind momentan mit den Grundstücken am Ende“, sagte er, „wir sind froh, wenn wir dieses Objekt so schnell wie möglich hinstellen können.“ Lösel berief sich auf einen Zeitungsbericht vom Wochenende, der die überdurchschnittlich hohe Belastung Bayerns zeigte, während andere Bundesländer sich aus der Verantwortung stehlen würden. Da könne man schon „den Glauben verlieren“.

Sämtliche Tochtergesellschaften der Stadt müssten „unter Hochdruck“ arbeiten, schilderte der OB die Belastung der Mitarbeiter. „Wir sind an der Kapazitätsgrenze!“ Und in den Stadtratsgremien sei bei dem Thema ein „sehr, sehr zügiger Durchsatz“ gefordert.

Dennoch wurden gestern der Bebauungsplan und die Vorlage für den Ausbau der Gustav-Adolf-Straße auf Antrag von Johann Stachel (FW) noch einmal in die Fraktionen verwiesen. Der Grund: Die Freien Wähler wollen die Straße auf ihrer jetzigen Trasse „im Prinzip so belassen“, wie FW-Fraktionschef Peter Springl sagte, und lediglich die Fahrbahndecke erneuern. Die Pläne des Baureferates sehen hingegen eine grundlegende Sanierung und teilweise Verlegung vor.

Ältere Bewohner des Südwestviertels werden sich daran erinnern, dass hier an der Gustav-Adolf-Straße noch bis in die 80er-Jahre eine breite Trasse freigehalten wurde, weil eine große Durchgangsstraße vorgesehen war. Erst unter dem damaligen Stadtbaurat Klaus Goebl verabschiedeten sich die Verkehrsplaner davon. Nur deshalb steht jetzt dieser städtische Geländestreifen für den Wohnungsbau zur Verfügung.

Einen scharfen Zungenschlag bekam die Debatte, als Manfred Schuhmann im Zusammenhang mit den jungen Flüchtlingen der Begriff „Herumlungern“ herausrutschte. Der SPD-Stadtrat – ein erwiesenermaßen weit gereister und toleranter Politiker – führte damit sicher nichts Fremdenfeindliches im Schilde, wurde aber von Grünen-Fraktionschefin Petra Kleine sofort zurechtgewiesen. „Von uns kommt ausdrückliche Zustimmung“, betonte die Stadträtin, und auch Preßlein-Lehle nannte das Umfeld am Schulzentrum „ideal“ für die Jugendlichen. Schuhmann hatte überhaupt kein Problem damit, den deplatzierten Ausdruck „Herumlungern“ zurückzunehmen.

Von Reimund Herbst