Es werde dunkel!
[Donaukurier 11.12.14] Ingolstadt (DK) Sie künden in elegantem Glanz vom Schulunterricht der Zukunft: Whiteboards, die in immer mehr Ingolstädter Klassenzimmern die Kreidetafeln ersetzen. Die Lehrer können mit einem Beamer alles auf die große, weiße Oberfläche projizieren, was sie auf dem PC haben.
Auch Übertragungen aus dem Internet sind mit den Whiteboards möglich. Voller Medieneinsatz im Digitalzeitalter. Kleines Problem dabei: Tageslicht trübt die Sichtbarkeit der dargestellten Texte und Bilder. Strahlt die Sonne ins Klassenzimmer, können die Schüler auf den Tafeln der Zukunft nichts mehr erkennen. Dann kommen altertümliche Vorhänge ins Spiel.
Die Mitglieder des Bezirksausschusses (BZA) Südwest und die vielen Besucher der Sitzung am Dienstagabend in der Mensa des Schulzentrums Südwest schwankten zwischen Belustigung und Irritation, als Anton Jungwirth, der Rektor der Gebrüder-Asam-Mittelschule, von dem Phänomen berichtete, das im Neubau seiner Schule Probleme bereitet. „Wenn die Sonne hereinscheint, sieht man auf den Whiteboards nichts mehr, und wir müssen die Klassenzimmer verdunkeln.“ Dann tritt Problem Nummer zwei auf: Das vor einem Jahr eingeweihte, gut ausgestattete Schulhaus prunkt mit Jalousien, die sich automatisch öffnen und schließen – wie es das Wetter gerade erfordert. Jedoch: „Beim leisesten Windzug fährt der Sonnenschutz nach oben“ erzählte Jungwirth. „Und wir haben keinen Einfluss auf die Steuerung.“
Deshalb muss die Schule jetzt mit Vorhängen nachgerüstet werden, damit die Whiteboards zur Geltung kommen; für 32 000 Euro. Und die Asam-Schule ist kein Einzelfall. Auch in anderen Ingolstädter Schulen gelingt ein klarer Blick auf die Whiteboards nur bei Vollverdunkelung. Zum Beispiel in der Schule, die eines der Kinder von Stadträtin Dorothea Soffner besucht. „Die Schüler sitzen dann den ganzen Sommer über bei zugezogenen Vorhängen im Klassenzimmer“, berichtete sie. Daher dränge sich ihr die Frage auf: „Ist diese neue Technik jetzt ein Fortschritt oder ein Rückschritt“ Mit diesem Rätsel steht die CSU-Stadträtin nicht allein da, wie die Reaktionen im Saal zeigten.
Und: Eine Schule muss überhaupt erst mal Vorhänge haben, die sie beim Whiteboardeinsatz zuziehen kann. Die Gebrüder-Asam-Mittelschule soll wie gesagt deshalb welche bekommen. Doch Rektor Jungwirth hat eine Idee, wie sich die teure Nachbesserung vermeiden ließe: „Wir verzichten auf die Vorhänge, wenn wir dafür die Steuerung des Sonnenschutzes in die Hand bekommen.“ Auch auf die Gefahr hin, dass eventuell mal starker Wind etwas an den Jalousien abknickt; die Reparatur sei immer noch billiger als 32 000 Euro für Vorhänge, argumentierte Jungwirth.
Gabriel Nißl, der Leiter des Hochbauamts, der in der BZA-Sitzung zu Gast war, findet die Idee sehr gut und lässt sie jetzt prüfen. „Denn die Entwicklung mit den Vorhängen kann nicht im Sinne des Erfinders sein.“
Kulturreferent Gabriel Engert, einst Gymnasiallehrer, begrüßt die Initiative auch aus einem persönlichen Grund: „Ich habe diese Staubfänger in schlimmer Erinnerung. Deshalb freue ich mich immer, wenn ich in eine Schule ohne Vorhänge komme.“
Von Christian Silvester